SV Stuttgart Wolfbusch 1956 e.V.
Der Schachverein für Jung und Alt!
DVM U20w: Sieglos, aber glücklich
Jugend

Wie angekündigt waren wir zwischen Weihnachten und Neujahr erstmals seit unserem letzten Titel 2011 wieder mit einem U20-Mädchenteam bei den Deutschen Vereinsmeisterschaften in Osnabrück am Start. Mit Neuzugang Sandra Weber (17 Jahre), Gastspielerin Leia Lederer (15, SF Ammerbuch), Jacqueline Kobald (13) und Anna Liu (10) hatten wir den jüngsten Altersschnitt aller Teams, sodass wir noch das eine oder andere Mal mit derselben Besetzung antreten dürfen. Es ging daher bei Setzplatz 9 von 12 hauptsächlich darum, möglichst gut mitzuhalten und Erfahrungen gegen teils deutlich ältere und favorisierte Gegnerinnen zu sammeln. Die drei Jüngeren waren im Vorjahr noch in der U14w angetreten und hatten damals mit Platz 8 (bei Setzplatz 14 von 18) schon ein gutes Ergebnis hingelegt.

Schnee gab es dieses Jahr leider keinen, dafür aber gute Spielbedingungen in zwei getrennten Spielsälen (die Meisterschaft der U20-Jungs war am gleichen Ort) und hervorragendes Essen – abgesehen vom fehlenden Nachtisch.

Zum Auftakt ging es gegen den drittgesetzten Chemnitzer SC mit einem Vorsprung von im Schnitt rund 200 DWZ-Punkten ab Brett 2 und rund fünf Jahren. Da Sandra nominell als einzige mithalten konnte, spielte sie voll auf Sieg und erhielt auch eine klar überlegene Stellung. Leider spielte sie zu kompliziert, ließ gute Gelegenheiten aus und musste sich mit Remis begnügen. Leia erreichte mit Schwarz problemlos Ausgleich und einen sicheren halben Punkt.

Auch Jacqueline trumpfte gegen ihre deutlich favorisierte Gegnerin groß auf und landete mit Mehrbauer im Schwerfigurenendspiel, den sie aber leider nicht zum Sieg verwerten konnte. Auch Anna hatte zuvor eine teils eher bessere Stellung erreicht. Aber gerade zu dem Zeitpunkt, als es schien, dass keine Seite mehr durchdringen könnte, passierte ihr ein Fehler, der zum Verlust führte. Die knappe 1,5:2,5-Niederlage war somit sehr unglücklich, das Ergebnis hätte durchaus auch andersherum ausgehen können. Nachdem der CSC später Deutscher Vizemeister wurde, beeindruckt diese Leistung unserer Mädels umso mehr!

In Runde 2 ging es gegen den an letzter Stelle gesetzten Leegebrucher SF (Brandenburg). Der Setzplatz täuschte aber, da der Schnitt unserer Gegnerinnen durch deren vierte Spielerin deutlich heruntergezogen wurde. An den beiden Mittelbrettern waren sie gegen uns nämlich klar favorisiert! Letztlich kam es dann auch "leider erwartungsgemäß". Anna gewann schnell, während Leia und Jacqueline nach und nach die größere Erfahrung ihrer Gegnerinnen anerkennen mussten und – letztlich das einzige Mal der ganzen Meisterschaft! – relativ chancenlos verloren. Sandra sicherte das leistungsgerechte Mannschaftsremis mit Mehrbauer im Damenendspiel.

Anschließend wurden wir zur noch punktlosen SG Güstrow/Teterow (MVP) heruntergelost, mit der wir schon im Vorjahr in der U14 zu tun hatten. Leia ließ ein paar Chancen aus, gewann dann aber doch im Turmendspiel, während Anna leider Figur und Partie verlor. Dennoch deutete lange vieles auf einen Mannschaftssieg hin, weil Sandra deutlich besser stand und Jacqueline stets um Initiative bemüht war. Letztlich ließ Sandra aber zu, dass die Partie zum Remis verflacht und an Brett 3 neutralisierte sich alles – wieder 2:2

Zur Abwechslung wurden wir jetzt hochgelost und hatten mit dem SK Freiburg Zähringen einen favorisierten Gegner. Allerdings glückte Leia ein überfallartiger Blitzsieg. Nachdem aber Sandras König im damenlosen Mittelspiel zu aktiv wurde, verlor sie entscheidendes Material. Die beiden anderen Partien waren völlig offen. Anna machte zunächst Druck, ihre Gegnerin konnte dann aber ins vorteilhafte Endspiel abwickeln. Dort spielte Anna im entscheidenden Moment zu schnell und verpasste das Remis. Es hing somit an Jacqueline, die eine sehr spannende und wechselhafte Kampfpartie ablieferte. Nach seltsamer Eröffnung verlor sie eine Qualität, erhielt aber deutliche Initiative und gewann bald eine Figur. In eigentlich klarer Gewinnstellung spielte sie nun aber selbst zu sorglos, woraufhin der Kampf neu entbrannte. Bei beiderseits knapper Zeit gingen der älteren Gegnerin aber die Nerven durch, woraufhin sich Jacqueline nach insgesamt sehr starker Leistung diesmal die Chancen nicht mehr entgehen ließ. Diesmal war das Teamremis durchaus ein Achtungserfolg.

Gegen den Hamburger SK sollte in Runde 5 nun endlich der erste Sieg her. Sandra wurde ihrer Favoritenstellung voll gerecht und siegte souverän. Drama dafür wieder bei Anna: sie verpasste erst einen taktischen Gewinn und geriet kurz darauf – allerdings wieder gegen eine deutlich erfahrenere und favorisierte Gegnerin – ins Mattnetz. Trotzdem sollte es zum Sieg eigentlich gut reichen. Leia spielte die ganze Partie über auf ein Tor, ließ dann aber Gegenchancen zu, woraufhin die Gegnerin zum Remis abwickeln könnte. Das wollte die aber offenbar nicht und so gewann Leia eben wieder. Jacqueline hatte sich nach guter Partie einen Mehrbauern im Springerendspiel erkämpft. Dann aber die Tragödie kurz nach der Zeitkontrolle: Durch einen Fingerfehler verschaffte sie der Gegnerin ebenfalls einen Freibauern und war dann offenbar kurzzeitig so enttäuscht, dass sie auch den Weg zum Remis verpasste. Dieser Punktverlust war daher genauso unnötig wie ärgerlich.

Beim an Rang 5 gesetzten und sehr ausgeglichen besetzten SV Grimma (Sachsen) spielte als Gastspielerin mit der Württembergerin Theresa Peters eine gute Bekannte am Spitzenbrett, die insgesamt ein starkes Turnier spielte. Wie sie hinterher zugab, rechnete sie während der Begegnung etwa mit einem 0:4 zu unseren Gunsten, aber der Reihe nach…

Jacqueline zeigte sich von ihrem Missgeschick in der Vorrunde völlig unbeeindruckt und gewann eine brillante Angriffspartie gegen ihre deutlich favorisierte Gegnerin. Sandra stand stets besser, fand aber keinen Weg zu greifbarem Vorteil, sodass sie angesichts der übrigen Stellungen wegen drohender Zeitnot Remis machen durfte. Denn auch Leia hatte eine Mehrqualität bei überlegener Stellung erreicht, machte dann aber den Fehler, unnötige weitere Verwicklungen anzustreben. Dabei übersah sie, dass am Ende einer Abwicklung ein ganzer Turm hing, der das Blatt entscheidend wendete. Nach diesem herben Rückschlag ruhten die Hoffnungen also auf Anna, die diesmal bei weitem am längsten spielte. Was für eine Drucksituation nach ihrem bisherigen Turnierverlauf! Sollte man meinen… Gegen ihre rund 300 Punkte bessere Gegnerin hatte Anna im Endspiel eine Mehrqualität, die aber sehr schwer zu verwerten war. Nachdem sie einen Bauern verlor, bekam die Favoritin prompt Oberwasser. In der Praxis führt das meistens dazu, dass die weniger erfahrene Spielerin in so einer Situation recht bald einbricht. Anna merkte aber, was die Stunde geschlagen hatte und wickelte unter Hergabe eines weiteren Bauern geschickt ab, sodass sie letztlich den halben Punkt sicherte. Eine sehr beeindruckende kämpferische Leistung der 10-Jährigen! Endstand – wie könnte es anders sein – 2:2.

Im Vorjahr hatten wir zur Schlussrunde großes Losglück und konnten uns dadurch in die erste Hälfte vorschieben. Diesmal gab es sozusagen ausgleichende Gerechtigkeit, denn wir (5:7 Punkte, 8.Platz) wurden gegen den haushohen Turnierfavoriten und Spitzenreiter TuRa Harksheide Norderstedt (Schleswig-Holstein, 10:2 Punkte) gelost! Die Hoffnungen, doch noch einen Mannschaftssieg einzufahren, schwanden dadurch… Die Stimmung am Vorabend war jedoch wie während der gesamten Meisterschaft trotz – oder gerade wegen? – der Auslosung sehr gelöst und hervorragend. Nach den durchweg guten Leistungen zuvor (die leider nicht immer in entsprechender Ausbeute mündeten), wollten wir den Favoritinnen – die für den Titel einen Sieg brauchten – das Leben möglichst lange schwer machen. Nominell konnte nur Sandra einigermaßen mit ihrer Gegnerin mithalten. Auf den Brettern war die Sache aber wie erhofft lange Zeit nicht so klar.

Leia geriet zwar schon in der Eröffnung in die Defensive, konnte ihren Laden zunächst aber zusammenhalten. Dafür ergriff Jacqueline mit Schwarz die Initiative, nahm ihrer Gegnerin durch einen taktischen Trick zwei Bauern ab und erreichte objektiv eine Gewinnstellung! Auch Anna stand zunächst sehr gesund, ließ dann aber ihre Königsstellung schwächen. Diese Chance ließ sich die Gegnerin nicht entgehen und gewann entscheidendes Material. Am Spitzenbrett konnte Sandra die gegnerischen Aktivitäten in Zaum halten, ohne aber selbst bedeutendes Gegenspiel zu bekommen. Sie durfte daher einem Remis durch Zugwiederholung zustimmen.

Jacqueline hatte zwischenzeitlich verpasst, ihren Vorteil auszubauen und ließ Gegenspiel zu, das sie eine Qualität kostete. In der Folge drohten sich beiden Partien an den Mittelbrettern nach und nach gegen uns zu entwickeln. Aus diesem Grund vereinbarten unsere Mädels mit ihren Gegnerinnen nacheinander Remis, wodurch beide Teams Erfolge für sich verbuchen konnten: "TuRa" war Deutscher Meister, wir hatten uns mit der 1,5:2,5-Niederlage teuer verkauft und starke Einzelergebnisse erzielt.

Am Ende landeten wir mit 5:9 Punkten auf unserem Setzplatz. Dass wir keinen einzigen Kampf gewinnen konnten, ist sicherlich kurios, zumal mindestens dreimal ein Sieg zum Greifen nah war. Die stets knappen Ergebnisse zeigen aber, dass wir mit allen Gegnern mithalten konnten, Niederlagen gab es nur gegen den Deutschen Meister und den Vizemeister. Dazu kommt, dass alle vier Mädels insgesamt richtig gute Partien spielten, entscheidende Punkte beitrugen und definitiv alle aufgrund ihrer Stellungen mehr Punkte erzielten konnten bzw. mussten. Das mag man im Hinblick auf das jetzige Ergebnis vielleicht enttäuschend finden, viel entscheidender zeigt sich dadurch aber, welches Potenzial in diesen jungen Spielerinnen noch steckt! Folglich waren alle Beteiligten mit dem Turnier zu Recht sehr zufrieden und werden beim nächsten Mal sicherlich weitere Taten folgen lassen.

Ergebnisse, Partien sowie weitere Infos gibt es bei der Deutschen Schachjugend sowie auf der Ausrichterseite.

Rechts vom Brett v.r.n.l.: Sandra, Leia, Jacqueline, Anna







Erstellt von AlexH am 03.01.2016 17:00