Am letzten Wochenende standen in der 1.Frauen-Bundesliga die Einzelrunden zwischen den jeweiligen Reisepartnern auf dem Programm. Unser Team hatte daher den SC Bad Königshofen zu Gast, die als aktueller Drittplazierter noch ungeschlagen waren und zudem Elisabeth Pähtz, die stärkste deutsche Schachspielerin, in ihren Reihen haben. Zu diesem zweiten Heimspiel in Folge konnten wir dank Herrn Herbert Hilger glücklicherweise wieder die Räumlichkeiten von Südwestmetall in Stuttgart-Degerloch beziehen.
Sportlich rechneten wir uns freilich keine Chancen aus, auch wenn Elisabeth Pähtz bis kurz vor der Begegnung ein Turnier in China spielte und ihr Einsatz daher nicht zu erwarten war. Wir mussten nämlich ausgerechnet auf unsere beiden Spitzenspielerinnen verzichten. Monika Seps fehlte aus familiären Gründen, während Katja Jussupow im Lauf der Woche krank wurde und am Samstag vor dem Kampf wegen Kopfschmerzen endgültig absagen musste. Wir hatten bis zuletzt auf ihren Einsatz gehofft und so blieb keine andere Wahl mehr, als das erste Brett frei zu lassen.
Dafür gelang immerhin bei der Aufstellung ein Coup anderer Art, der für uns persönlich außerordentlich erfreulich ist. Anita Rieder, mehrfache frühere Württembergische Meisterin, war lange Jahre eine wichtige Stütze unserer vorderen Frauen- und Herrenmannschaften. Zuletzt hatte sie sich aber eine vierjährige Auszeit vom Turnierschach genommen. Umso schöner ist es, dass sie sich jetzt für diesen Erstligaeinsatz reaktivieren ließ!
Auch die bayerischen Gäste traten zwar bei weitem nicht in Bestbesetzung an, waren mit zwei Großmeisterinnen und zwei Internationalen Meisterinnen aber trotzdem haushoch favorisiert, zumal mit dem kampflosen Punkt im Rücken. Für uns konnte es daher von vornherein eigentlich nur um Schadensbegrenzung gehen.
Anita wollte erst einmal nur wieder Turnierluft schnuppern und hatte daher die Erlaubnis, alsbald Remis zu bieten. Das tat sie nach der Eröffnung erfolgreich, sodass immerhin schon einmal ein halber Punkt zu Buche stand. Die übrigen Bretter boten zunächst nicht allzu viel Anlass für Euphorie.
Bei Sonja Häcker war an Brett 2 gegen WGM Irina Zakurdjaeva eine recht normale Spanisch-Stellung entstanden. Die Gegnerin von Larissa Erben hatte die Eröffnung etwas ungenau behandelt, allerdings hatte Larissa dafür viel Zeit verbraucht. Annegret Weng kam mit Schwarz problemlos zu Ausgleich, doch es schien sehr schwer, mehr aus der Stellung herauszuholen. Nadine Stitterich hatte leider schon frühzeitig zwei unterschiedliche Varianten komplett miteinander vermischt und stand daher positionell mit dem Rücken zur Wand.
Eine gewisse Wende nahm der Kampf in der Zeitnotphase nach etwa dreieinhalb Stunden. Larissa hatte trotz knapper Zeit mutig eine interessante Abwicklung eingeleitet, bei der sie Turm und zwei Bauern für zwei Leichtfiguren bekam. Die Stellung war völlig unklar, bis Larissas Gegnerin trotz besserer Zeit den Überblick und durch einen Fesselungstrick eine glatte Figur verlor.
Praktisch zeitgleich stelle Annegrets Gegnerin in ebenfalls unklarer Stellung einzügig eine Figur ein. Beide verwerteten ihren Vorteil im weiteren Verlauf auch sicher, sodass wir urplötzlich einem Punktgewinn sehr nahe waren.
Nadine verlor zwar zwischenzeitlich und auch Sonjas Gegnerin, die jedoch stark in Zeitnot war (teilweise bei rund einer Minute, wobei es pro Zug 30 Sekunden Gutschrift gibt), schien zunehmend die Stellungskontrolle zu gewinnen. Auf einmal hatte Sonja aber die Gelegenheit zu einem Konterangriff gegen die verwaiste gegnerische Königsstellung. Dies hätte mindestens zum Dauerschach geführt – sofern die Gegnerin bei knapper Zeit überhaupt die richtige Verteidigung gefunden hätte. Leider verpasste Sonja diese Chance und verlor schließlich im Endspiel.
Bei ganz optimalem Verlauf wäre daher sogar mehr drin gewesen als die knappe 2,5:3,5-Niederlage. Das war natürlich deutlich mehr, als wir vorher erwarten konnten. Aber wenn man Chancen auf den Klassenerhalt haben will, muss man auch mal die Gunst der Stunde nutzen. Hoffen wir, dass das im nächsten Jahr hin und wieder gelingt. Vorerst überwintert unser Team auf Rang 10 von 12, dem ersten Abstiegsplatz. Weiter geht es am 21./22.Januar 2012 mit einer Doppelrunde gegen den Deutschen Meister OSG Baden-Baden sowie Ausrichter Karlsruher SF. Diese beiden haben ihre direkte Begegnung verlegt und rangieren derzeit jeweils bei 8:0 Mannschaftspunkten…
1.Frauen-Bundesliga, 5.Spieltag: Tabelle
SV Stuttgart-Wolfbusch – SC Bad Königshofen 2½:3½
Jussupow, Ekaterina - Savina,Anastasia -:+
Häcker, Sonja - Zakurdjaeva, Irina 0:1
Stitterich, Nadine - Schöne, Maria 0:1
Erben, Larissa - Gromova, Julia 1:0
Weng, Annegret - Mikliaeva, Darja 1:0
Rieder, Anita - Nuber, Helene ½:½
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