SV Stuttgart Wolfbusch 1956 e.V.
Der Schachverein für Jung und Alt!
Auftakt der 1.Frauen-Bundesliga macht Lust auf die Saison
Damen

Unsere Frauenmannschaft war in der letzten Saison zum zweiten Mal nach 2005/2006 in die 1.Bundesliga aufgestiegen, was angesichts unseres ziemlich jungen Teams keineswegs geplant war. Doch gerade als Belohnung für unsere (Nachwuchs-)Spielerinnen, die beim letzten Erstliga-Abenteuer noch nicht voll zum Zug kamen, war es keine Frage, dass wir uns der Herausforderung stellen würden. Man muss dazusagen, dass in organisatorischer, finanzieller und vor allem natürlich sportlicher Hinsicht zwischen der ersten und zweiten Liga im Frauenschach Welten liegen.

Verändert hat sich unsere Mannschaft im Vergleich zur Vorsaison nur geringfügig. Mit unserer bisherigen Gastspielerin Jana Gussakowski und auch Katharina Bader, die trotz des Aufstiegs nun beide für Neu-Zweitligist SF Deizisau spielen, haben wir zwei gewichtige Abgänge zu verzeichnen. Nicht mehr im Kader sind außerdem die Schweizerin Shahanah Schmid sowie Sabine Wust, die beide in früheren Jahren wichtige Stützen unserer 1.Mannschaft waren, nun aber seit längerer Zeit nicht mehr zu Einsätzen kamen.
Demgegenüber können wir uns über einen durchaus spektakulären Neuzugang freuen. Ekaterina Jussupow, mehrfache Teilnehmerin an Jugend-Welt- und Europameisterschaften sowie Tochter des langjährigen deutschen Nationalspielers GM Artur Jussupow, wird uns als Gastspielerin verstärken. Sie ist nominell schon jetzt die am höchsten bewertete Spielerin unseres Kaders und ist an Brett 3 aufgestellt.
Ein weiterer Neuzugang als Gastspielerin ist Susan Großmann, die vor nicht langer Zeit zu den deutschen Spitzenspielerinnen ihrer Altersklasse zählte. „Neu“ im Team ist außerdem natürlich wieder Andrea Mijatovic, die im letzten Jahr wegen ihres Aufenthaltes in der Schweiz nicht zur Verfügung stand. Komplettiert wird der Kader schließlich durch Elke Schnorr.

Nominell belegen wir unter den 12 Teams der Liga, von denen am Ende drei absteigen müssen, den letzten Setzplatz. Auch was die Anzahl der Titelträgerinnen angeht, können wir nicht mithalten, denn lediglich Annegret Weng an unserem Spitzenbrett ist eine weibliche FIDE-Meisterin (WFM), während die meisten anderen Teams gleich mehrere Internationale Meisterinnen (WIM) und sogar Großmeisterinnen (WGM) aufbieten. Wir haben wiederum bewusst darauf verzichtet, ausländische Meisterspielerinnen anzuwerben, da dies zum einen unserer Vereinsphilosophie entspricht und zum anderen unsere eigenen Spielerinnen, die den Aufstieg verwirklicht haben, nun auch die Gelegenheit bekommen sollen, in der höchsten Klasse anzutreten und dort wertvolle Erfahrung zu sammeln.
Den Klassenerhalt als Ziel auszugeben wäre daher recht vermessen. Wir wollen in erster Linie diese Saison genießen, aber nach Möglichkeit gerne auch für die eine oder andere Überraschung sorgen…

Die erste Doppelrunde in Erfurt am letzten Wochenende versetzte uns direkt in eine etwas zwiespältige Situation. Ausgerechnet für diesen Termin kassierten wir gleich mehrere Absagen und hatten alle Hände voll zu tun, um überhaupt eine vollständige Mannschaft mit sechs Spielerinnen zusammen zu bekommen. Unsere Gegner waren die Karlsruher SF, deren Frauenteam seit Jahren zu den stärksten in Deutschland zählt, sowie der amtierende Deutsche Meister und klare Titelfavorit OSG Baden-Baden. Das waren im Vorfeld gewiss keine Kontrahenten, gegen die wir uns realistische Chancen ausgerechnet hätten. Von daher war es zu verschmerzen, dass wir weit von unserer Bestbesetzung entfernt waren. Andererseits drohte ein Debakel zum Auftakt und das hätte die restliche Saison womöglich unter keine guten Vorzeichen gesetzt.

Doch ähnlich ging auch die zurückliegende Aufstiegs-Saison los, als unser Team mit dem letzten Aufgebot und einem Durchschnittsalter von rekordverdächtigen 19,5 Jahren überraschend beide Begegnungen gewann.
Daher war es eigentlich kein schlechtes Omen, dass wir den Altersschnitt der Mannschaft gezwungenermaßen noch einmal deutlich senken konnten! Denn unsere Aufstellung mit Sonja Häcker, Katja Jussupow, Larissa Erben, Nadine Stitterich, Andrea Mijatovic und Katrin Häcker brachte es auf einen Durchschnitt von rund 18,7 Jahren, was sicherlich einen Bundesligarekord bedeutet. Was aber natürlich viel wichtiger ist: Die Mädchen verkauften sich am Brett ausgezeichnet!

In der Begegnung am Samstag traten auch die Karlsruher SF ersatzgeschwächt an, allerdings immer noch mit einer WGM und fünf WIM. Außer Katja waren alle unsere Spielerinnen daher nominell klar unterlegen. Das machte sich allerdings erstmal nicht bemerkbar. Zwar gerieten Andrea und Katrin aus der Eröffnung in etwas passive Stellungen, was aber noch keinen Grund zur Sorge gab. Die Partien an den beiden Spitzenbrettern von Sonja und Katja waren etwa ausgeglichen, während Nadine sich durch planvolles und energisches Spiel sogar Stellungsvorteile erarbeitete. Sehr wild wurde es bereits frühzeitig bei Larissa, deren Gegnerin nicht vor Materialopfern zurück scheute, um Larissas König bei unterentwickelter Stellung in der Mitte des Brettes festzuhalten, was einen gefährlichen Eindruck machte.

Erst nach über 3 Stunden Spielzeit ging es mit unseren Stellungen an den letzten beiden Brettern endgültig bergab, was zum 0:2-Rückstand führte. Allerdings hatte sich inzwischen bei Larissa die Lage geklärt. Sie hatte sich einfallsreich verteidigt, dann ein Remisangebot abgelehnt und im geeigneten Moment durch eine kleine Kombination das gegnerische Angriffsmaterial teils getauscht und teils gewonnen, sodass sie am Ende mit einem glatten Mehrturm verblieb und unseren ersten vollen Punkt der Saison einfuhr.
Dafür kam nun Sonja am Spitzenbrett unter Druck, da ihre Gegnerin im Schwerfigurenendspiel einen gefährlichen Freibauern bilden konnte. Katjas Doppelturmendspiel deutete auf ein Remis hin, während Nadine äußerst souverän wirkte und ihre Stellung weiter verbessern konnte. Hier schien bei optimistischer Betrachtungsweise sogar ein Punktgewinn möglich, falls Nadine gewinnen und Sonja remis halten sollte…

Katjas Partie nahm dann das erwartete Ergebnis. Allerdings war es bei den Abtäuschen bis hin zum Bauernendspiel ihre Gegnerin, die um das Remis kämpfen musste. Leider war Sonjas Stellung praktisch sehr schwer zu verteidigen und ließ sich insbesondere bei knapper werdender Zeit letztlich nicht halten. Durch diese Niederlage war der Kampf bereits verloren, was aber Nadine nicht daran hinderte, ihr zwischenzeitlich erreichtes Endspiel mit Mehrbauer konzentriert fortzusetzen. Unnachgiebig ging sie allen Abwicklungen aus dem Weg, die ihrer gut 250 Punkte stärker bewerteten Gegnerin Remischancen eingeräumt hätten und verwertete schließlich nach äußerst beeindruckender Leistung zum vollen Punkt. Die knappe 2,5:3,5-Niederlage war danach ein äußerst achtbares Ergebnis. Entsprechend ausgelassen war die Stimmung anschließend beim gemeinsamen Abendessen.

Am Sonntag ging es also gegen die OSG Baden-Baden, die tags zuvor unseren Reisepartner SV Medizin Erfurt mit 5,5:0,5 besiegt hatten. Ein paar kurze Bemerkungen zur Aufstellung des Titelverteidigers sollen deutlich machen, wie die Verhältnisse bei unserem Aufeinandertreffen aussahen. Baden-Baden hatte an diesem Wochenende auf die meisten ihrer Spitzenspielerinnen verzichtet. Ihr 1.Brett gegen uns (aufgestellt an Rang 4) war Anna Zatonskih, die vor knapp einem Monat die Frauenmeisterschaft der USA mit dem Traumergebnis von 8,5 aus 9 gewonnen hatte. An Brett 2 spielte die deutsche Nationalspielerin Ketino Kachiani-Gersinska, die eigentlich nur Nummer 8 des Kaders ist. Weil es auch hinten hinaus nicht viel nachließ, konnte es für uns von Beginn an nur um Schadensbegrenzung gehen.

An den Brettern 5 und 6 wurden wir allerdings frühzeitig überspielt, sodass hier nichts zu retten war. Sonja hielt sich am Spitzenbrett sehr wacker mit zwischenzeitlich wohl sogar recht aussichtsreicher Stellung. Katja hatte eine passive, aber feste Stellung erreicht und richtete sich auf eine Abwehrschlacht ein. Mit am besten sah es wieder bei unseren beiden Heldinnen des Vortages aus. Nadine hatte eine feste Stellung mit Chancen auf Gegenspiel erreicht, während Larissa mit einem leichten Vorteil aus der Eröffnung kam. Besonders zuversichtlich stimmte dabei, dass ihre Gegnerin, eine erfahrene italienische Großmeisterin schon frühzeitig einen Großteil ihrer Bedenkzeit verbraucht hatte.

Als nächstes verrechnete sich Katja bei einem Befreiungsversuch, der die Qualität und später die Partie kostete. Dazwischen startete Larissas Gegnerin, die offenbar mit ihrer Stellung nicht zufrieden war, in bereits bedenklicher Zeitnot einen Überrumpelungsversuch, vom dem sich Larissa aber nicht einschüchtern ließ. Zwar musste ihr König seine Rochadestellung aufgeben, dafür gewann sie aber Qualität und Bauer, ohne dass die Gegnerin bleibende Kompensation behalten hätte. Routiniert verwertete Larissa den Vorteil und zwang ihre Gegnerin zur Aufgabe. Damit holte sie nach dem Sieg gegen die Internationale Meisterin am Vortag nun gleich noch einen Großmeisterinnen-Skalp hinterher!

Sonja und Nadine kamen beide in ein Endspiel mit Minusbauer, dass sie trotz langer und zäher Gegenwehr schließlich nicht halten konnten. Dennoch ist auch diese 1:5-Niederlage sicherlich kein Ergebnis, für das wir uns schämen müssten.
Insgesamt machte dieses Wochenende sehr viel Spaß und zeigte, dass die Stimmung in der Mannschaft ganz hervorragend ist. Nebenbei dürften wir uns durchaus schon etwas Respekt erarbeitet haben.
Die nächste Doppelrunde am 5. und 6.Dezember ist für uns ein Heimspiel, bei dem wir gegen den Hamburger SK und den SK Lehrte antreten werden. Austragungsort ist wieder das Solitude-Gymnasium, weitere Informationen folgen noch rechtzeitig.

1.Frauen-Bundesliga, 1.Spieltag:
SV Wolfbusch - Karlsruher SF 2½:3½
Häcker, Sonja - Mader, Manuela 0:1
Jussupow, Ekaterina - Lauterbach, Ingrid ½:½
Erben, Larissa - Jelica, Mara 1:0
Stitterich, Nadine - Kiefhaber, Veronica 1:0
Mijatovic, Andrea - Nill, Jessica 0:1
Häcker, Katrin - Vidonyak, Nellya 0:1

2.Spieltag: Tabelle
OSG Baden Baden - SV Wolfbusch 5:1
Zatonskih, Anna - Häcker, Sonja 1:0
Kachiani-Gersinska, Ketino - Jussupow, Ekaterina 1:0
Sedina, Elena - Erben, Larissa 0:1
Klink, Tamara - Stitterich, Nadine 1:0
Tammert, Iamze - Mijatovic, Andrea 1:0
Mietzner, Tina - Häcker, Katrin 1:0



Mannschaftsbild mit (von links) Andrea Mijatovic, Sonja Häcker, Katrin Häcker, Katja Jussupow, Nadine Stitterich. Larissa Erben musste leider früher abreisen, hat sich aufgrund ihrer vorzeigbaren Leistungen aber ausnahmsweise ein Einzelbild verdient:

Erstellt von AlexH am 09.11.2009 21:42