Gestern ging nach 9 Tagen mit je einer Runde in Hockenheim die Deutsche Frauen-Einzelmeisterschaft zu Ende, die alle zwei Jahre ausgetragen wird (in den Zwischenjahren gibt es nur eine offene Meisterschaft). Von unserem Verein nahmen mit Larissa Erben und Nadine Stitterich gleich zwei Spielerinnen teil. Nadine hatte sich als Vertreterin des Schachverbandes Württemberg qualifiziert, während Larissa kurzfristig vom Deutschen Schachbund einen Freiplatz bekam. Larissa hatte bereits vor zwei Jahren teilgenommen und dabei mit Platz 6 ein hervorragendes Ergebnis erzielt. Für Nadine war es die erste Teilnahme an der Frauenmeisterschaft, sie war mit 16 Jahren auch die jüngste Teilnehmerin.

Das Starterfeld war mit drei Internationalen Meisterinnen (WIM) und drei FIDE-Meisterinnen (WFM) stärker besetzt als in den vergangenen Jahren. Unter den 22 Teilnehmerinnen gingen Larissa von Setzplatz 7 und Nadine von Rang 16 aus ins Turnier, wobei die Meisterschaft besonders im Mittelfeld nominell extrem ausgeglichen besetzt war. Larissa hoffte, um die Preisränge (Platz 1-6) mitspielen zu können, während Nadine zumindest 50% der Punkte holen wollte.

Leider erwischten alle beide einen schlechten Start. In Runde 1 mühte sich Larissa lange gegen ihre nominell deutlich unterlegene Gegnerin und verbrauchte sehr viel Zeit. Gerade als sie einsah, Dauerschach geben zu müssen, lief ihre Uhr ab! Ein ärgerliche und unnötige Niederlage, die Larissa leider das komplette Turnier über verfolgte. Auch Nadine musste sich gegen eine WFM geschlagen geben. Unglücklicherweise wurden beide in Runde 2 gegeneinander gelost. Entgegen mancher Erwartungen kämpften sie die Partie (die längste der Runde!) bis ins Bauernendspiel aus, das schließlich remis endete.

In Runde 3 kamen beide gegen nominell nur wenig schwächere Gegnerinnen. Larissa erkämpfte sich ihren ersten Sieg und auch bei Nadine sah es lange Zeit gut aus, bis ihre Gegnerin schließlich doch ausgleichen konnte. Anschließend arbeitete sich Larissa mit einem weiteren Sieg in die erste Hälfte vor, während Nadine gegen ihre zweite Titelträgerin und spätere Drittplatzierte, WFM Brigitte von Herman, in einer wilden Partie verlor.

Doch Nadine ließ sich mit einem Punkt aus 4 Runden keineswegs hängen, sondern schlug nun mit zwei überzeugenden Siegen zurück. Auch Larissa ließ ein Remis und einen Sieg folgen, wonach sie mit 4 Punkten aus 6 Runden endgültig in der erweiterten Spitzengruppe angekommen war. Die Führende WIM Polina Zilberman, die schließlich auch sicher den Titel einfuhr, war freilich außer Reichweite. Larissa spürte leider stets die Nachwirkungen ihrer Auftaktpanne, da sie im Vergleich zu ihren Konkurrentinnen immer eine schlechte Buchholz-Wertung hatte.

Larissas erste richtige Spitzenpaarung stand in Runde 7 an. Mit Schwarz erreichte sie gegen WIM Nellya Vidonyak ein haltbares, aber unangenehmes Endspiel, in dem sie sich schließlich der Routine ihrer Gegnerin geschlagen geben musste. Währenddessen erreichte Nadine mit Schwarz gegen Helene Nuber immerhin ein ganz sicheres Remis.
In der folgenden Vorschlussrunde erarbeiteten sich beide eine gute Ausgangsposition für den letzten Tag. Beeindruckend war vor allem Larissas Leistung, die sich nicht von ihrer vertanen Remischance aus dem Konzept bringen ließ. Denn mit WIM Ljubov Kopylova musste sie nun gegen die Titelverteidigerin und Erstgesetzte des Turniers antreten. Bereits vor zwei Jahren hatte Larissa ihr das Leben schwer gemacht und ein Remis abgenommen. Diesmal zeigte sie sich wiederum gut vorbereitet, zwang ihre favorisierte Gegnerin zu Materialopfer, um den Königsangriff abzuwehren und verwertete den Vorteil souverän im Endspiel.
Nadine hatte im Damenendspiel mit Mehrbauer zwar lange zu kämpfen, fuhr schließlich aber auch den vollen Punkt ein. Damit lag sie erstmals oberhalb der 50%-Marke und hatte ihr Turnierziel somit schon in Tasche.

Larissa lag vor der letzten Runde auf Platz 6, allerdings war abzusehen, dass sie mit Schwarz gegen die sehr solide WFM Heike Germann gewinnen musste, um diesen Platz zu halten. Larissa kam gut aus der Eröffnung, konnte die Stellung auch ins Ungleichgewicht bringen, doch schließlich gab ihre Gegnerin Dauerschach. Mit 5,5 Punkten aus den 9 Runden landete sie wegen schlechterer Buchholz damit auf Platz 7.
Währenddessen musste nun Nadine gegen Ljubov Kopylova antreten, die freilich etwas gutzumachen hatte. Doch Nadine hielt lange gut mit und verteidigte sich zäh, bis sie schließlich aber eine Kombination übersah, die zum Matt führte. Damit blieb Nadine bei 4,5 Punkten, was schließlich Rang 13 bedeutete.

Insgesamt konnten damit beide ihren Setzplatz bestätigen bzw. verbessern und erzielten zweifellos sehr ordentliche Ergebnisse und auch einen leichten Elo-Gewinn. Dass es, vor allem bei Larissa, nicht zu einem vorderen Platz reichte, lag leider an dem verhaltenen Start. Doch auch daraus ergeben sich wichtige Erfahrungen für die Zukunft. Beide werden sicher noch öfter die Möglichkeit haben, an dieser Meisterschaft teilzunehmen.
Auf der Turnierseite gibt es alle Ergebnisse, Rundenberichte und einige Bilder vom Turnier.