Auch 2008 bildeten die Deutschen Jugend-Vereinsmeisterschaften (DVM) den sportlichen Höhepunkt zum Jahresabschluss, für den sich diesmal sowohl unser Mädchen- als auch unser Jungenteam in der Altersklasse U20 qualifiziert hatten. Weil aber auch die „Jungen“-Mannschaft in ihrer Stammbesetzung zu einem großen Teil aus Mädchen besteht, standen wir wieder einmal vor Aufstellungsproblemen. Besonders da die Meisterschaften der U20 und U20w gemeinsam am gleichen Ort in Arendsee/Sachsen-Anhalt ausgetragen wurden, wollten wir natürlich unbedingt beide Teams zur nationalen Endrunde schicken. Für unsere Spitzenspieler Vladimir Mijatovic und Simon Behm war es altersbedingt die letzte Möglichkeit, an einer DVM teilzunehmen. Leider gelang es beiden trotz intensiver Bemühungen nicht, sich von ihren Verpflichtungen beim Studium bzw. Praktikum freizumachen. Nach ihren Absagen mussten wir schließlich schweren Herzens das U20-Team zurückziehen, sodass – nach drei Teams in 2007 – diesmal nur unsere Mädchen die Vereinsfarben hochhielten.
Um unsere U20w-Mannschaft braucht man sich gewöhnlich immerhin keine Sorgen zu machen, denn dort spielen wir seit vielen Jahren regelmäßig vorne mit. 2007 gelang erstmals der ganz große Wurf mit dem Deutschen Meistertitel, sodass wir diesmal als Titelverteidiger antreten durften.
Doch auch hier lief die Mannschaftsaufstellung nun alles andere als rund. Von der Meistermannschaft des Vorjahres mussten wir auf Andrea Mijatovic verzichten, die zurzeit ein Auslandsjahr absolviert. Auch unsere langjährige Gastspielerin Anja Jehle musste diesmal leider absagen. An Brett 1 trat wieder Larissa Erben an. Nadine Stitterich und Katrin Häcker überzeugten ein Jahr zuvor noch im U16-Team und komplettierten nun zusammen mit Katrin Hafner die Mannschaft. Damit spielten wir erstmals seit längerem ohne die zulässige Gastspielerin, was ja auch seinen Reiz hat. Da wir ein deutliches Stück von unserer Bestbesetzung entfernt waren, rechneten wir allerdings nicht mit realistischen Chancen auf die Titelverteidigung.
Das änderte sich überraschend, als im Vorfeld die Mannschaftsaufstellungen veröffentlicht wurden, denn das Niveau sank im Vergleich zum Vorjahr deutlich. Freilich war da noch nicht abzusehen, dass es vor Ort sogar noch schlimmer kommen würde…
Die Anreise per Auto verlief am 26.Dezember recht problemlos, wenn man davon absieht, dass sie fast 7 Stunden dauerte. Die Unterbringung hatte übliches Jugendherbergsniveau. Allerdings hatten einige Mannschaften das Glück, eine Dusche im Zimmer zu haben – andere wie wir hingegen nicht.
Bei der Betreuerbesprechung am Abend stellte sich heraus, dass von den 11 gemeldeten Mannschaften der U20w (im Vorjahr in Stuttgart waren es 12 Teams) ganz kurzfristig zwei abgesagt hatten. Das brachte erhebliche Probleme mit sich, denn mit 9 Mannschaften kann man keine 7 Runden Schweizer System spielen. Nach langen Überlegungen wurde beschlossen, die Mädchenmeisterschaft auf 5 Runden zu verkürzen. Problematisch war das nicht zuletzt deshalb, weil wegen der ungeraden Teilnehmerzahl so 5 der 9 Teams einmal spielfrei sein würden.
Angesichts dieser bedenklichen Entwicklung der DVM U20w fand am nächsten Vormittag eine „Krisensitzung“ mit DSJ-Funktionären, Trainern und Spielerinnen statt, wobei unter anderem in Aussicht genommen wurde, zukünftig auf Landes-Qualifikationen zu verzichten.
Gesetzt waren wir an Rang 2 hinter der SG Porz und vor SF Hettstedt vom ausrichtenden Landesverband Sachsen-Anhalt sowie der SG Grün-Weiß Dresden, die im letzten Jahr überraschend unser größter Titelkonkurrent war. Nicht zu unterschätzen war auch die SF Wadgassen/Differten, gegen die wir im Vorjahr in der Schlussrunde fast noch unseren Vorsprung verspielt hätten.
Damit bestanden also doch berechtigte Hoffnungen, dass wir ganz vorne mitspielen könnten. Sorgen machten wir uns allerdings etwas wegen der fehlenden Spielpraxis und möglicherweise entsprechenden Form der beiden Katrins. Gerade Katrin Hafner hatte seit der Deutschen Schulschachmeisterschaft im Frühjahr 2008 (Schnellschachturnier) keine Partie mehr gespielt. Leider sollte sich das im Turnier prompt deutlich bemerkbar machen.
Runde 1 brachte uns den SC Ladja Roßdorf als Gegner, die nur mit drei Spielerinnen angetreten waren. Nadine gewann kampflos und nach souveränem Angriffssieg von Larissa führten wir bald 2:0. Da beide Katrins ordentlich bis besser standen, deutete sich der standesgemäße Auftaktsieg an. Doch das Drama begann damit, dass Katrin Häcker in klar überlegener Stellung ihren besten Bauern einstellte, wonach die Partie kippte. Leider war sie dadurch so frustriert, dass sie ihre realistischen Remischancen nicht erkannte und verlor. Auch Katrin Hafner übersah einen gegnerischen Zug, der Material kostete und schließlich unnötigerweise auch einen Mannschaftspunkt.
In Runde 2 war Rehabilitierung angesagt. Gegen den klaren Außenseiter SK Turm Rheydt gab es den erhofften deutlichen 3,5:0,5-Sieg. Einzig Larissa hatte eine recht starke Gegnerin. Sie stand auch zwischenzeitlich kritisch, bis die Gegnerin die Abwicklung ins Endspiel zuließ und dort eine Figur verlor. Katrin Häcker gewann ganz problemlos und Katrin Hafner auf Zeit in noch offener Stellung. Lediglich Nadine war kein Sieg vergönnt, wobei auch etwas Pech mit von der Partie war. Denn nach Nadines Damengewinn bekam die Gegnerin einen Freibauern, der zufällig nicht mehr aufzuhalten war, sodass nur noch Dauerschach half.
Einen katastrophalen Auftakt erlebte währenddessen die SG Porz. Nach einem enorm glücklichen 2:2 zu Beginn gegen Wadgassen gab es für die Favoriten nun eine knappe Niederlage gegen Dresden.
Für uns ging es in Runde 3 um die Frage, ob wir zur Tabellenspitze aufschließen können. Gegen Wadgassen/Differten waren wir allerdings gewarnt, auch nach der Erfahrung im Vorjahr. Leider übersahen beide Katrins in der Eröffnung bzw. im frühen Mittelspiel gegnerische taktische Möglichkeiten, die eine Figur bzw. Bauern kosteten. Immerhin konnte Katrin Hafner später eine Qualität gewinnen, sodass ihre Partie noch Hoffnung bot. Während Larissa durch erneut überzeugendes Angriffsspiel den zwischenzeitlichen Ausgleich besorgte, fiel Katrins König den gegnerischen Figuren zum Opfer. Bei 1:2-Rückstand fiel Nadine die undankbare Aufgabe zu, wenigstens das Unentschieden sicherzustellen. Nadine gewann zunächst einen Bauern, den sie nach ungenauer gegnerischer Verteidigung dann recht sicher verwertete und ihren ersten Punkt „am Brett“ einfuhr.
Freilich konnten wir so keinen Boden auf die Spitze gut machen. Dort stand nun Dresden nach knappem Sieg gegen Hettstedt bereits mit zwei Punkten Vorsprung.
Hettstedt war unser Gegner in der (vorletzten!) 4.Runde. Wir hofften natürlich auf einen Sieg, wodurch es zu einem Endspiel um den Titel gegen Dresden gekommen wäre. Leider verlief der Kampf wieder sehr zäh und unerfreulich. Die Eröffnungsphase war durchweg sehr umkämpft, allerdings ließ sich nirgendwo ein Vorteil für uns ausmachen. Leider waren es dann wieder die beiden hinteren Bretter, die jeweils in sehr ordentlicher Stellung durch Rechenfehler gegen uns kippten. Katrin Häcker geriet dadurch in einen Mattangriff und verlor bald. Katrin Hafner konnte ihre Stellung mit zwei Minusbauern zwar ins Endspiel retten, wo sie sogar kurzzeitig ernstzunehmende Remischancen hatte. Doch am Ende ging auch diese Partie verloren. Zwischenzeitlich hatte Larissa mit ihrem vierten Sieg in Folge gegen eine starke Gegnerin für den Ausgleich gesorgt. Nach umkämpftem Verlauf mündete ihre Partie in einem interessanten, für Larissa besseren Doppelturmendspiel, in dem die Gegnerin bei knapper Zeit einen Turm einstellte.
Damit lag es erneut an Nadine, den Rückstand auszugleichen. Weil sich das früh abzeichnete, hatte Nadine bereits im ausgeglichenen Mittelspiel ein mutiges, aber fragwürdiges Qualitätsopfer gespielt. Ihre Gegnerin war jedoch nur darauf bedacht, das Gleichgewicht zu halten und gab bei erstbester Gelegenheit das Material zurück. Im entstehenden Turmendspiel stand Nadine eher etwas schlechter und versuchte nun unter Verlustrisiko die Sache zu verkomplizieren. Ihre Gegnerin ließ sich aber leider auf überhaupt nichts ein und so blieb die Partie remis, wodurch mit 1,5:2,5 unsere erste Niederlage besiegelt war.
Natürlich war es schade, dass wir nun keinerlei Möglichkeit hatten, noch um den Titel zu spielen, auch wenn das, wie erwähnt, nicht zu überraschend war. Wir erwarteten nun zum Abschluss wieder einen deutlich schwächeren Gegner und wollten die Meisterschaft zumindest mit einem möglichst hohen Sieg und Erfolgserlebnissen für unsere Spielerinnen abschließen. Doch nun geschah zu allem Überfluss das Unfassbare: wir waren (als aktuell Tabellenfünfter) spielfrei!
Weil es dafür volle vier Brettpunkte gibt, stand nach der Auslosung praktisch sicher fest, dass wir am Ende Platz 3 belegen würden. Eine absurde Situation, die sich offenbar auch nicht durch die Verkürzung auf 5 Runden vermeiden ließ. Verständlichen Unmut über die Auslosung gab es bei der hinter uns platzierten und gesetzten Mannschaft aus Wadgassen, die auch noch nicht spielfrei war, aber nun gegen den Letztgesetzten TTC Fritzdorf spielen musste/durfte. Der Grund, dass uns das Spielfrei traf, lag wohl in irgendwelchen Farbverteilungsregeln des Auslosungsprogramms für die Schlussrunde.
Mannschaftsintern herrschte leichte Uneinigkeit, ob wir uns über die Auslosung freuen oder ärgern sollten. Insgesamt war es aber schon etwas frustrierend – besonders für unsere Katrins – nicht einmal ein abschließendes Erfolgserlebnis und aus eigener Kraft Platz 3 erkämpfen zu können. Denn mit einem hohen Sieg gegen Fritzdorf wären wir natürlich gleichfalls Dritter geworden.
Währenddessen bekam Grün-Weiß Dresden mit dem FC Ergolding einen eher schwachen Gegner und hatte keine Mühe, mit einem knappen Sieg den Titel zu sichern. Spannend war einzig die Begegnung an Tisch 2, wo sich SF Hettstedt und SG Porz um Rang 2 duellierten. Am Ende setzte sich Hettstedt mit 3:1 durch, nach dem Turnierverlauf sicherlich auch verdientermaßen. Die SG Porz landete dadurch nur auf Platz 7 statt auf Platz 2, woran sich auch erkennen lässt, dass die 5 Runden nicht ausreichten, um das Klassement angemessen zu sortieren (die Ränge 3 und 7 trennte gerade mal ein Punkt).
Im Nachhinein wäre es vielleicht die bessere Lösung gewesen, vollrundig 9 Runden mit verkürzter Bedenkzeit zu spielen, was freilich auch Probleme mit sich gebracht hätte. So wurden wir weder gegen Dresden, noch gegen Porz gelost, sodass nicht einmal alle vermeintlichen Favoritenteams gegeneinander kamen. Natürlich kann man behaupten – auch angesichts des Freiloses – dass dieser Spielmodus am Ende uns zu Gunsten kam und vielleicht stimmt das sogar. Aber auf diese Weise Dritter zu werden, macht jedenfalls keinen Spaß. Insgesamt verlief die Meisterschaft – sicherlich für viele der Beteiligten – schlicht unbefriedigend. Es ist stark zu hoffen, dass die DVM U20w 2009 wieder an das Niveau vergangener Jahre anknüpfen kann.
Eine Einzelbewertung unserer Spielerinnen ist schnell gemacht. Mit Larissa hatten wir die überragende Einzelspielerin der Meisterschaft in unserem Team. Mit 4 aus 4 bei einem Gegnerschnitt von knapp 1900 wird sie die DWZ 2000-Schallmauer durchbrechen. Nadine hatte bei gerade mal drei Partien leider wenige Möglichkeiten, sich auszuzeichnen. Ihr erstes Remis kam etwas unglücklich zustande und spielte für die Mannschaft keine Rolle. Beim Sieg gegen Wadgassen und Remis gegen Hettstedt bewies sie einmal mehr guten Kampfgeist und Nervenstärke, auch wenn sie nur in einem der Fälle unseren 1:2-Rückstand ausgleichen konnte. Das Freilos in der 5.Runde nahm ihr leider die Chance, sich den Brettpreis zu sichern. Sehr unglücklich verlief die Meisterschaft demgegenüber für Katrin Häcker und Katrin Hafner. Beide zeigten zwar größtenteils über weite Strecken ordentliche Partien. Doch meist unterlief ihnen irgendwann ein Fehler in der Berechnung, was sich wohl mit mangelnder Spielpraxis entschuldigen lässt.
Unser Ziel muss es sein, bei der DVM 2009 wieder in Bestbesetzung anzutreten. Dann stehen die Chancen sicherlich gut, den Titel zurückzuholen.
Bei der ortsgleich ausgetragenen DVM U20 konnte der Heilbronner SV als einziger württembergischer Vertreter mit Platz 5 stark überraschen. Ergebnisse aller Altersklassen findet man bei der Deutschen Schachjugend. Nachfolgend die Resultate aller württembergischen Teams:
U20w: 3.Platz SV Wolfbusch (9 Teilnehmer)
U20: 5.Heilbronner SV (16 TN)
U16: 4.SF Deizisau, 19.SV Jedesheim (20 TN)
U14: 9.Heilbronner SV, 19.SV Balingen (20 TN)
U12: 14.SC Widdern (20 TN)
Bei U14w war kein württembergischer Verein vertreten.
Hier noch ein paar Bilder unseres Mädchenteams, sponsored by ELDI!
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