SV Stuttgart Wolfbusch 1956 e.V.
Der Schachverein für Jung und Alt!
DLM: Württemberg verpasst den Titel
Jugend

Die Deutsche Ländermeisterschaft der Schachjugenden fand in diesem Jahr neben zahlreichen weiteren Rahmenveranstaltungen parallel zur Schacholympiade in Dresden statt. Aus diesem Anlass nahmen Auswahlmannschaften aus 15 Bundesländern teil, was im Vergleich zu den letzten Jahren recht viel ist. Drei Bundesländer, darunter auch Württemberg, schickten sogar zwei Teams ins Rennen und boten ihren Jugendspielern so die einmalige Chance, die Olympiade hautnah mitzuerleben. Abgesehen von zwei Doppelrunden fanden die Partien der DLM nämlich vormittags statt, sodass es am Nachmittag reichlich Zeit gab, bei freiem Eintritt zu kiebitzen.

Nach dem Titelgewinn 2006 und Platz 2 hinter Niedersachsen im letzten Jahr gehörte die 1.Mannschaft aus Württemberg wieder zum weiteren Favoritenkreis, auch wenn nicht die stärkstmögliche Mannschaft an den Start gehen konnte. Schade war vor allem, dass die beiden Wolfbuscher Vladimir Mijatovic und Simon Behm absagen mussten.
Jede Mannschaft bestand aus 8 Spielern, nämlich 5 Jungs der Altersklassen U20, U18, U16, U14 und U12 sowie 3 Mädchen U20w, U16w und U12w. Aufgestellt wurde aber nach Spielstärke und nicht nach Altersklasse.
Die 1.Mannschaft aus Württemberg war unter den 18 Teams an Rang 5 gesetzt und ging in der Besetzung Jens Hirneise (SpVgg Rommelshausen), Andreas Strunski (Stuttgarter SF), Nikolas Pogan (TSV Willsbach), Larissa Erben (SV Wolfbusch), Xianliang Xu (SK Bebenhausen), Nadine Stitterich (SV Wolfbusch), Clemens von Schwerin (SV Jedesheim), Sandra Weber (SC Neckarsulm) an den Start.
Für die an Rang 10 gesetzte 2.Mannschaft traten Syang Zhou (SF Deizisau), Ramin Geshnizjani (Heilbronner SV), Jan-David Lange (SC Tamm), Nigora Djalalova (SF Pfullingen), Patrick Marquardt (SG Tuttlingen), Danijel Gibicar (VfL Sindelfingen), Daniela Schäfer (SC Tamm), Stephanie Bohm (SV Fellbach) an.

In der 1.Runde gibt es gewöhnlich deutliche Ergebnisse und so war es auch diesmal. Württemberg 2 erwischte gleich das favorisierte Team aus Nordrhein-Westfalen. Der Kampfverlauf war allerdings ziemlich knapp, sodass das Endergebnis von 1,5:6,5 eindeutig zu hoch ausfiel. Württemberg 1 wurde seiner Favoritenstellung gegen Schleswig-Holstein mit 6:2 gerecht, doch auch hier war der Verlauf durchaus umkämpft. Leider musste ausgerechnet Larissa eine der beiden Niederlagen hinnehmen, was aber hier noch nicht ins Gewicht fiel.
Erwähnenswert ist noch, dass es Württemberg zurzeit am U12w-Brett an einer richtigen Spitzenspielerin fehlt. Besonders Sandra Weber in der 1.Mannschaft gegen die anderen Spitzenteams, aber auch Stephanie Bohm, musste ständig gegen nominell deutlich stärkere Gegner spielen. Umso erfreulicher war, dass Sandra gleich in Runde 1 zu ihrem (leider auch einzigen) vollen Punkt kam.

Deutlich spannender wurde es in Runde 2. Sachsen 1 wollte gegen die 1.Mannschaft den Heimvorteil nutzen, konnte aber dennoch einen kurzfristigen Spielerausfall nicht kompensieren und verlor an Brett 7 kampflos. Diesen Vorsprung baute Württemberg 1 relativ sicher zu einem 5,5:2,5-Sieg aus. Larissa verlor in der Eröffnung zwar eine Qualität, doch in den anhaltenden Verwicklungen behielt auch ihr Gegner nicht die Übersicht. Schließlich blieb Larissa mit drei Leichtfiguren für zwei Türme und ihr Gegner gab frustriert auf. Nadine kam zwar mit Mehrbauer ins Turmendspiel, doch leider reichte es nicht für ihren zweiten Sieg.
Währenddessen hatte es Württemberg 2 mit Berlin zu tun, die zum Auftakt sehr überraschend gegen die zweitgesetzten Niedersachsen gewonnen hatten. Trotz Remis von Syang gegen den nominell stärksten Spieler, Atila Gajo Figura, lag die 2.Mannschaft bald deutlich zurück, bis es schließlich 2:4 stand. Doch Ramin und Daniela behielten die nötige Ruhe, bauten ihre positionellen Vorteile sicher aus und besorgten schließlich den überraschenden Ausgleich.

Die 3.Runde brachte Württemberg 1 das spannungsgeladene Derby gegen Baden. Jens spielte am Spitzenbrett zunächst wieder stark und setzte den Ex-Württemberger Waldemar Schlötzer mit einem Gambit unter Druck. Durch Figurenopfer verschaffte sich Jens Zugang zum unrochierten gegnerischen König, doch dann übersah er, dass nach einem weiteren Qualitätsopfer der geplante Damengewinn scheitern würde. Nun wurde es brenzlig und Jens musste seinerseits die Dame geben, für die er lediglich zwei Läufer bekam. Doch die gegnerischen Figuren waren so unkoordiniert, dass der Angriff auch ohne Dame anhielt und nach spektakulärer Partie schließlich erfolgreich endete.
Larissa verlor nach der Eröffnung einen Bauern und stand erneut mit dem Rücken zur Wand. Glücklicherweise vereinfachte ihr Gegner die Stellung zu übereilt, sodass sie schließlich Remis halten konnte. Glück hatte auch Xianliang, dessen Gegner in Gewinnstellung einzügig die Dame einstellte. Nadine gewann dagegen überzeugend nach planmäßigem Angriff mit Königsindisch. Der 5,5:2,5-Sieg am Ende sieht also deutlicher souveräner aus, als er war, doch das trübte die Freude keineswegs.
Das galt umso mehr, als Württemberg 2 gegen Sachsen 2 mit dem gleichen Ergebnis den ersten Sieg einfuhr. Die ersten drei Runden waren für die beiden württembergischen Auswahlmannschaften also fast optimal verlaufen, was Hoffnung für die zweite Turnierhälfte machte.

Württemberg 1 war neben NRW als einziges Team verlustpunktfrei, sodass es am nächsten Tag zu einem Spitzenduell kam, das hielt, was es versprach. Wichtig war zunächst, dass Sandra gegen ihre nominell deutlich überlegene Gegnerin ein sicheres Remis einfuhr. Leider hielt Larissas schlechte Form an, nach einem taktischen Übersehen verlor sie eine Figur. Sie kämpfte zwar bis ins Endspiel und bereitete dem Gegner noch einige Schwierigkeiten, konnte die Partie diesmal aber nicht mehr halten. Dafür gewann Xianliang diesmal wieder ganz souverän seine vierte Partie. Hingegen musste sich Jens am Spitzenbrett erstmals geschlagen geben, was Andreas aber durch eine überzeugende Leistung ausglich.
Es stand also 2,5:2,5, als noch drei Partien liefen. Nikolas hatte im Endspiel mit jeweils Dame und zwei Leichtfiguren zwei Bauern weniger, sodass mit einer Niederlage zu rechnen war. Währenddessen hatte Nadine wieder ein Turmendspiel mit Mehrbauer und bei Clemens war die Sache mit jeweils noch Dame und Läufer ziemlich unklar.
Dann gab es eine überraschende Wendung, denn Nikolas konnte mit seiner Dame, unterstützt von Turm und Springer, zum gegnerischen König vordringen. Leider sah er nur das Dauerschach vor sich und gab die Stellung remis. Wie sich herausstellte, hatte er aber hervorragende Angriffschancen und stand zum Schluss wohl auf Gewinn!
Noch dramatischer ging es an Nadines Brett zu. Sie spielte ihr Turmendspiel sehr stark, allerdings unter enorm hohem Zeitverbrauch. Schließlich musste der Gegner seinen Turm opfern, sodass Nadine mit König und Turm gegen König nur noch mattsetzen musste. Doch ihr blieben nur noch Sekunden an Restbedenkzeit und die reichten nicht aus – Remis!
Schließlich gelang es auch Clemens, einen gefährlichen Freibauern und realistische Gewinnchancen zu bilden. Doch während seine Dame den Bauern unterstützte, entstanden Dauerschachdrohungen, die auch hier am Ende zum Remis führten. Damit endete der Spitzenkampf 4:4, womit die Favoriten aus NRW am Ende sehr glücklich sein konnten.
Währenddessen lief es auch für Württemberg 2 alles andere als optimal. Die deutliche 2,5:5,5-Niederlage gegen Rheinland-Pfalz resultierte aber vor allem daraus, dass unsere Spieler aufgrund des Rückstands zu riskant spielen mussten.

Gleich am Nachmittag gab es für Württemberg 1 mit Hessen in Runde 5 erneut einen starken Gegner. Für diesen Kampf hatten sich besonders Nikolas und Larissa, die bis dahin mit je 1,5/4 kein gutes Turnier gespielt hatten, etwas vorgenommen. Wieder war die Begegnung sehr umkämpft. Xianliang hatte wie sein Gegner Dennis Wagner bislang alle Partien gewonnen, musste sich nun aber erstmals geschlagen geben. Seine und Sandras Niederlage wurden durch überzeugende Siege von Andreas und Nadine ausgeglichen, die ihr Punktekonto damit jeweils auf starke 4 Zähler aufstockten. Nach Remisen von Jens und Clemens spielten beim Stand von 3:3 ausgerechnet noch Nikolas und Larissa, die ja beide etwas gutmachen wollten.
Niko musste seit längerer Zeit eine gedrückte Stellung verteidigen, fand in der letzten Zeitnotphase aber Gegenchancen. Larissa stand immer etwas aussichtsreicher, hatte aber nichts Konkretes, bis ihr Gegner eine Figur opferte, um mit Dame gegen Dame, Läufer und offene Königsstellung Dauerschachhoffnungen nachzugehen. Wie in der Runde zuvor fiel die Entscheidung erst in den letzten Sekunden nach vollen 5 Stunden Spielzeit. Larissa ging mit ihrem König in die Offensive und gewann schließlich souverän. Als auch Niko seinen Gegner niedergeblitzt hatte, stand der 5:3-Sieg fest.
Hingegen lief es für die 2.Mannschaft wieder nicht optimal. Gegen Hamburg ging sie sicher mit 4:1 in Führung, als Stephanie ein Remisangebot bekam. Sie stand aber klar überlegen und war sich der Mannschaftssituation nicht bewusst, sodass sie weiterspielte. Schlussendlich gingen aber alle übrigen Partien verloren und es sprang nur ein 4:4-Unentschieden heraus.

Zwei Runden vor dem Ende lag Württemberg 1 punktgleich mit NRW nach Brettpunkten an der Tabellenspitze. Doch von nun an ging alles schief. Gegen den Zweitgesetzten Niedersachsen stand das Team vor einer schweren Aufgabe. Vielleicht hatten die beiden Runden zuvor zuviele Kräfte gekostet, jedenfalls erreichte kaum ein Württemberger Normalform. Im Ergebnis ging die Begegnung mit 2:6 verloren. Lediglich Andreas und Larissa konnten volle Punkte einfahren. Da half es auch nichts, dass Baden mit einem 4:4 gegen NRW Schützenhilfe leistete.
Immerhin trumpfte die 2.Mannschaft auf, die gegen Mecklenburg-Vorpommern einen 6,5:1,5-Kantersieg landete und damit wieder ins Mittelfeld der Tabelle vorstieß.

Die Ausgangslage vor der letzten Runde zeigte NRW mit 10:2 Punkten in Führung, vor Niedersachsen und Württemberg 1 mit je 9:3 Punkten. Realistische Titelchancen gab es nur noch, falls sich die beiden Tabellenersten voneinander unentschieden getrennt hätten. Württemberg 1 erhielt mit Sachsen-Anhalt ein vergleichsweise einfaches Los und musste mindestens 5:3 gewinnen, um noch Platz 1 belegen zu können. Bei jedem württembergischen Sieg wäre zumindest Platz 2 gesichert. Das waren die Überlegungen vor dem Kampf und zunächst schien es, also würden wir unseren Teil problemlos erfüllen. Denn nach souveränen Siegen an den Spitzenbrettern von Jens und Andreas sowie Clemens und wichtigem Remis von Sandra führte die Mannschaft bereits 3,5:0,5. Ein zweiter Blick zeigte aber, dass die Sache nicht so klar war. Nikolas und Larissa standen zwar zumindest ausgeglichen, doch Xianliang und Nadine hatten frühzeitig Probleme und konnten ihre Partien schließlich nicht halten. Niko sah sich verpflichtet, auf Gewinn zu spielen und opferte die Qualität, was ihm zwei verbundene Freibauern einbrachte. Doch die gegnerischen Schwerfiguren waren zu stark und so ging auch noch diese Partie verloren. An den Titel war nun ohnehin nicht mehr zu denken, zumal sich ein Sieg von NRW abzeichnete. Doch nun war auch Platz 2 in ernster Gefahr, denn bei einem Unentschieden würde Hessen nach Brettpunkten vorbeiziehen. Also musste Larissa ihre völlig ausgeglichene Stellung gewinnen. Sie tat auch alles dafür, gewann einen Bauern und spielte erneut fast bis zur letzten Sekunde, doch ihr Einsatz wurde nicht belohnt.
Damit landete Württemberg 1 auf Platz 3, was im Voraus als gutes Ergebnis anzusehen gewesen wäre. Im Turnierverlauf war aber deutlich mehr möglich.
Württemberg 2 hatte leider Lospech und musste gegen die klar favorisierten Bayern antreten. Hier gab es nichts zu holen, wenngleich die 1,5:6,5-Niederlage zu heftig ausfiel. Rang 14 mit 6:8 Punkten ist aber auch hier sicherlich nicht das Wunschergebnis.

Deutlich bester Punktesammler für Württemberg war Andreas Strunski an Brett 2 mit 6 Punkten aus den 7 Partien. Die übrigen Spieler zeigten fast durchweg Licht und Schatten. Das gilt auch für die beiden Wolfbuscherinnen. Larissa hatte einen ganz schlechten Start, bestach aber wie gewohnt über das ganze Turnier durch großen Kampfgeist. So holte sie aus den Anfangsrunden mehr Punkte, als ihre Stellungen eigentlich hergaben und überzeugte gegen Hessen und Sachsen-Anhalt kämpferisch. Nadine spielte hingegen zunächst sehr souverän und holte 4 Punkte aus den ersten 5 Partien, wobei über das Remis gegen NRW ja berichtet wurde. Leider verlor sie wie die gesamte Mannschaft in den letzten beiden Runden den Faden.
Aber auch wenn sportlich nicht das Maximum heraussprang, muss man noch nicht das olympische Motto bemühen, um ein positives Fazit zu ziehen. Denn zum einen war die DLM allein wegen der Nähe zur Schacholympiade ein Erfolg und zum anderen gab es deutlich Ansätze, die vielleicht auf ein noch besseres Ergebnis im nächsten Jahr hoffen lassen.
Auf der Turnierseite gibt es die Ergebnisse und weitere Infos zur DLM.

Erstellt von AlexH am 22.11.2008 16:20