Vor wenigen Tagen gingen die Deutschen Vereinsmeisterschaften zu Ende und für uns wieder durchaus erfolgreich, wie man wohl sagen müssen wird (alles andere wäre angesichts der Deutschen Vizemeisterschaft unseres U14w-Teams ziemlich vermessen). Allerdings kam dieser Vize-Titel nicht zum ersten Mal auf recht tragische Weise zustande, während unsere U20w-Mannschaft diesmal zu keinem Zeitpunkt Normalform erreichte.
Unsere U14-Mädchen reisten in der Besetzung Andrea Mijatovic, Gastspielerin Solvejg Dinger (SV Oberkochen), Katrin Häcker und Nadine Stitterich in Begleitung von Alexander Häcker und durchaus mit einigen Ambitionen nach Dittrichshütte in Thüringen, wo die Meisterschaft wie im letzten Jahr von der SG Blau-Weiß Stadtilm ausgerichtet wurde. Das extrem ausgeglichen besetzte Quartett (Brett 1 und 4 trennten gerade mal 150 DWZ-Punkte!) rangierte schließlich in der Setzliste auf Platz 2 hinter dem SC Nastätten/Rheinland-Pfalz und vor der SG Köln-Porz. Die Konkurrenz hatte insbesondere starke Spitzenbretter aufzubieten, so traten die Rheinland-Pfälzerinnen mit der Deutschen Vizemeisterin U14w Janina Remy als Gastspielerin an, während Porz die Drittplatzierte der DJEM U14w Anna Karmann aufbot. Es war anzunehmen, dass diese drei Teams den Titel untereinander ausmachen würden, aber gerade die Altersklasse U14w ist immer für Überraschungen gut.
Gab es im letzten Jahr noch einen Stromausfall, der zur Absage einer Runde führte, waren diesmal die Rahmenbedingungen nahezu optimal. Im Spielsaal gab es genug Licht und Platz, Essen und Unterkunft waren zumindest akzeptabel und Partieeingabe und Internetberichterstattung waren sehr aktuell. Die Zahl der Analysebretter hätte größer sein können, aber es gab ja auch noch Zimmer. Schnee fiel zwar unentwegt, aber in angenehmer Menge. Das Rahmenprogramm bot eine kostenlose nächtliche Fahrt auf der Rodelbahn für die Spielerinnen, was sicherlich ein Erlebnis war.
Unsere Mannschaft startete undankbarerweise gegen die 2.Mannschaft des Ausrichtervereins, die natürlich hochmotiviert an die Bretter ging. Letztlich reichte es aber zu einem 3,5:0,5-Sieg. Knapper wurde es in Runde 2 gegen den SK Nordhorn-Blanke. Solvejg verlor früh eine Figur, kämpfte aber tapfer weiter. Gerade als es wieder Remishoffnungen gab, entpuppte sich die Stellung aber doch als unhaltbar. Immerhin konnten wir unsere Überlegenheit an den hinteren Brettern ausnutzen, sodass Andrea durch Abwicklung in ein remises Bauernendspiel den Mannschaftssieg sicherte.
Dann wurde es aber auch schon ernst, denn der vielleicht vorentscheidende Kampf gegen SC Nastätten stand auf dem Programm. Unsere Gegnerinnen zeigten Schwächen am letzten Brett, die übrigen Stellungen wendeten sich mit der Zeit aber gegen uns. Katrin startete einen Bauernangriff am Königsflügel, übersah aber leider eine gegnerische Gegendrohung im Zentrum, wonach die Stellung zusammenbrach. An den ersten beiden Brettern machte uns vor allem die knapper werdende Zeit zu schaffen, so geriet Solvejg nach und nach in eine passive Stellung und stellte auch noch einen Bauern ein. Andreas Stellung war lange ausgeglichen, doch schließlich unterschätzte sie die gegnerischen Möglichkeiten und musste die Qualität opfern. Mit zweimal schlechterer Stellung und Zeit bestand kaum mehr Hoffnung, das Ruder herumzureißen. Doch Solvejgs Gegnerin fand keinen richtigen Plan und zog ihr zentrales Bauernpaar vorwärts, wo es schließlich einfach abgeholt wurde. Auf einmal hatte Solvejg einen Mehrbauern, der in der Endspielstellung durchaus verwertbar schien. Offenbar fiel es ihr aber schwer, sich auf die neue Situation einzustellen, was (zu) viel ihrer ohnehin knappen Bedenkzeit kostete. Solvejg schaffte es zwar ungefährdet, zwei verbundene Freibauern zu bilden, die mit Hilfe von König und Turm auf die Grundreihe zumarschierten. Ihr blieben jedoch nur noch wenige Minuten bis zum Ende der Partie. Schließlich opferte die Gegnerin ihre restlichen Figuren für die Bauern und am Ende blieben Solvejg König, Turm und Springer, um den nackten König mattzusetzen. Als der schon am Brettrand stand und sein Schicksal erwartete, fiel die Zeit – Remis! Wegen nur weniger Sekunden verloren wir den Kampf 1,5:2,5 und damit erstmal auch die Tabellenführung aus dem Blick. Man muss sagen, dass die Niederlage nach den zwischenzeitlichen Partiestellungen in Ordnung geht, aber auf diese Weise zu verlieren, ist schon unglaublich tragisch.
Von daher ist es den Mädchen hoch anzurechnen, dass sie sich am Nachmittag wieder voll auf ihre Partien konzentrierten und sich an den badischen Schachfreunden aus Hörden schadlos hielten. Uns gelang ein ungefährdeter 3,5:0,5-Erfolg, wobei Andrea nach der morgendlichen Runde erneut fast volle 5 Stunden spielte bei nur einstündiger Mittagspause. Zeitgleich hatte Nastätten gegen Porz anzutreten und kam ziemlich glücklich mit einem 2:2 davon, wonach diese beiden Mannschaften mit einem Punkt vor uns führten.
Gegner am nächsten Morgen in der 5.Runde waren daher natürlich die Porzerinnen. Während wir an den hinteren Brettern wieder klar favorisiert waren, hatten die beiden Porzer Spitzenbretter gute Form bewiesen und zusammen in ihren bisherigen acht Partien gerade mal zwei Remisen abgegeben. Katrin und Nadine gewannen beide recht schnell, während an den vorderen Brettern ausgeglichene Partien entstanden. Bei Andrea verflachte die Stellung zunehmend und endete bald unspektakulär im Remis. Damit stand unser Sieg bereits fest, während Solvejg leider zunehmend in die Verteidigung gedrängt wurde, die sie auf Dauer nicht aufrechterhalten konnte. Währenddessen bahnte sich an Tisch 1 eine kleine Sensation an, wo Nastätten gegen die Ausrichtermannschaft SG Blau-Weiß Stadtilm auf die Verliererstraße geriet. Dieser überraschende Ausgang brachte uns unverhofft die Tabellenführung gemeinsam mit Stadtilm.
Wir waren also gewarnt, als wir am Nachmittag selbst gegen die erste Mannschaft des Ausrichtervereins antraten. Andrea zeigte einen netten Trick, bei dem ihre Gegnerin die Übersicht verlor und schnell die Segel streichen musste. Hingegen hatte Nadine erstmals länger zu kämpfen. An den Brettern 2 und 3 sah es weniger gut aus für uns, Solvejg geriet wieder in eine passive Stellung und Katrin verlor einen Bauern. Diese Partien zogen sich einige Zeit hin, bis die Gastgeber an Brett 2 ausgleichen konnten. Nadine konnte mittlerweile die Initiative ergreifen, eine Qualität gewinnen und eine Gewinnstellung erreichen. Katrin war ins Turmendspiel mit Minusbauern geraten, wo aber bekanntlich die Figurenaktivität wichtiger sein kann. Also rannte Katrin mit ihrem König in die gegnerische Hälfte und tatsächlich schien es, als würde die Partie zu ihren Gunsten kippen. Dann wählte sie aber einen riskanten Plan und ließ unnötig Gegenspiel zu. In dieser Situation dachte ihre Gegnerin 20 Minuten nach – und stellte einzügig den Turm ein! Katrin nahm das Geschenk dankend an und wir setzten uns durch den 3:1-Sieg allein an die Tabellenspitze.
Es fehlte also noch ein Sieg in der letzten Runde gegen SF Gerresheim, um den Titel zu sichern. Deren Spielerin am 2.Brett hatte allerdings als einzige im Turnier – neben Nadine natürlich – bislang die optimale Ausbeute von 6 Punkten. Nachdem Solvejg zuletzt recht unglücklich gespielt hatte, waren wir nicht unzufrieden, dass diese Paarung bald remis endete. Dummerweise schlug Katrin einen Bauern zuviel und stellte eine Figur ein. Nun hing es an Andrea und Nadine, für die Wende zu sorgen. Beide hatten die bessere Stellung, sodass ein Sieg durchaus noch im Bereich des Möglichen lag. Nadine schob ihren Freibauern nach vorne, woraufhin ihre Gegnerin bald eine Figur verlor. Bei Andrea war es weniger einfach. Mit ihren besser postierten Figuren suchte sie taktische Verwicklungen, in deren Verlauf beide Kontrahentinnen nicht optimal fortsetzten. Am Ende mündete die Partie in eine leider totremise Stellung mit ungleichfarbigen Läufern. Andrea versuchte noch alles, riskierte sogar den Partieverlust, um die Stellung zu verkomplizieren, aber ihre Gegnerin verließ die Remisbreite in keine Richtung. Nach diesem ärgerlichen 2:2-Unentschieden wurden wir wie erwartet an der Tabellenspitze noch eingeholt. Zwar reichte es für Nastätten völlig überraschend auch nicht zu einem Sieg, sodass sie hinter uns blieben. Porz gewann jedoch ziemlich locker mit 4:0 gegen SK Endingen aus Baden, die leider keine Nachbarschaftshilfe leisteten, und schob sich mit einem halben Brettpunkt (!) mehr an uns vorbei.
Nach diesem bitteren Finale war natürlich große Enttäuschung angesagt, bei der Siegerehrung konnten die Mädchen aber immerhin wieder lachen. Auch die Deutsche Vizemeisterschaft ist für so junge Spielerinnen natürlich ein schöner Erfolg, aber wenn man so ganz knapp vor dem ganz großen Ziel steht, ist das eben kein voller Trost. Leider waren wir nicht im letzten Jahr dabei, denn dort wurden aufgrund des erwähnten Stromausfalls nur 6 Runden gespielt…
Wie erwähnt, gewann Nadine als einzige Spielerin alle sieben Partien und wurde dafür mit einer schönen Erinnerungsbild als beste Spielerin an Brett 4 geehrt.
In der nächsten Saison überschreitet nur Katrin die Altersgrenze, vielleicht können wir also einen neuen Versuch unternehmen.
Groß waren natürlich die Hoffnungen bei unserem U20-Mädchenteam. Denn in Leipzig ging die gleiche Mannschaft an den Start, die im letzten Jahr Deutscher Vizemeister wurde: Sonja Häcker, Gastspielerin Anja Jehle (SC Ingersheim), Larissa Erben und Katrin Hafner. Außerdem war der Titelverteidiger SV Rüdersdorf nicht dabei, da er nicht an der Qualifikation teilgenommen hatte. Klarer Favorit war allerdings die fast übermächtig erscheinende Mannschaft des Ausrichtervereins SC Leipzig-Gohlis, deren DWZ-Schnitt gut 150 Punkte über unserem und bereits 200 Punkte über dem der drittgesetzten Mannschaft SK König Tegel (Berlin) lag. Uns blieb mit Setzplatz 2 also die Lauerstellung. Als Trainer war wieder Dirk Maxion dabei, der sich dankenswerter Weise wie in den letzten Jahren die Weihnachtstage inklusive seines Geburtstags mit unseren Jugendlichen um die Ohren schlug.
Dabei wurde diesmal seine Geduld ziemlich strapaziert. Zunächst durch die Organisation, denn statt des erwarteten Einzelzimmers (das bei einer Deutschen Meisterschaft allein schon zur Vorbereitung nötig ist) musste er sich die Unterkunft mit einem fremden Betreuer teilen und außerdem auf einem ausziehbaren Bett schlafen, das sogar Hannelore Gheng (U14-Spielerin vom TSV Heumaden) „zu klein“ war!
In der 1.Runde gab es aber wenigstens schachlich noch nichts auszusetzen. Gegen den zweiten württembergischen Vertreter TSV Heumaden gab es einen 3,5:0,5-Sieg. Doch schon in Runde 2 offenbarten sich arge Konzentrationsschwächen, als gegen die durchweg schwächer bewerteten Spielerinnen der SG Mutterstadt nur Sonja Normalform zeigte und den einzigen Punkt bei der 1:3-Niederlage holte! Kaum besser lief es am nächsten Morgen gegen den SC Schwabmünchen, ebenfalls klarer Außenseiter. Diesmal konnte nur Anja gewinnen, immerhin sprang ein 2:2 heraus. Nach knapp der Hälfte des Turniers stand gerade mal ein ernüchternder Mittelfeldplatz zu Buche.
Der TTC Fritzdorf erfüllte anschließend zwar seine Rolle als Aufbaugegner, aber der 4:0-Sieg gelang keinesfalls mühelos. Immerhin bliesen unsere Mädels danach an Dirk Geburtstag zur Aufholjagd. Zeitgleich mit unseren U14-Mädchen ging es gegen die Mannschaft der SG Porz und es sprang sogar ein höherer Sieg heraus als bei den „Kleinen“. Der 3,5:0,5-Erfolg brachte wieder Hoffnung, doch noch an die Spitzengruppe heranzurücken, denn auf einmal stand unsere Mannschaft auf Platz 3. Der Abstand zu Tabellenführer Leipzig-Gohlis betrug freilich drei Mannschaftspunkte und einen wirklich starken Gegner hatten wir noch gar nicht. Der kam dann aber mit der SC Leipzig-Lindenau, die nur am letzten Brett deutlich schwächer waren. Ansonsten wehrten sie sich nach Kräften und trugen schließlich ein 2:2 davon. Dennoch rutschte unsere Mannschaft auf Platz 2 vor und kam nicht darum herum, gegen Leipzig-Gohlis anzutreten, die bereits als Meister feststanden und deshalb befreit aufspielen konnten.
Doch mit wachsender Herausforderung fanden unsere Spielerinnen anscheinend wieder annähernd an ihre normale Spielstärke heran. An allen Brettern ergaben sich zumindest ausgeglichene Stellungen. Larissa brachte ein sizilianisches Opfer auf b5, dass ihre Gegnerin (wohl zurecht) nicht anzunehmen wagte. Daraufhin hatte Larissa einfach einen Mehrbauern gegen die Favoritin, doch es lief wie während des gesamten Turniers. Fast in jeder Partie erarbeitete sie sich eine gute Stellung, konnte die dann aber häufig nicht verwerten. Sie geriet in einen Königsangriff und musste schließlich eine Figur geben. Ähnlich erging es Anja, die gegen Melanie Ohme, Deutsche Meisterin U16 und Mitglied im Jugend-Olympiateam, eine völlig ausgeglichene Stellung erreicht, dann aber in einen Bauernsturm geriet, den sie nicht aushielt. Diesmal erging es auch Sonja nicht besser, sie übersah bei knapper Zeit eine Springergabel. Eine fehlerfreie Partie spielte einzig Katrin Hafner, die gegen ihre über 200 Punkte stärkere Gegnerin – die ansonsten alles gewann – ein problemloses Remis erreichte. So stand am Ende eine zu deutliche 0,5:3,5-Niederlage, die ein Abrutschen auf Platz 6 zur Folge hatte. Mit nur einem Mannschaftspunkt mehr hätten wir noch den 3.Rang belegt, der so aber auch nicht verdient gewesen wäre. Immerhin gewannen wir grade so das inner-württembergische Duell gegen Heumaden, die punktgleich Achter wurden.
Da Sonja nun altersbedingt aus dem Jugendspielbetrieb ausscheidet, muss im nächsten Jahr ein Neuaufbau stattfinden. Es bleibt abzuwarten, ob wir dann in nächster Zeit an die Erfolge anknüpfen können.
Eine Übersicht über alle Altersklassen gibt es bei der Deutschen Schachjugend, wo auch sämtliche Turnierseiten mit Berichten, Ergebnissen, Bildern und Partien verlinkt sind.
Nach dem etwas unglücklichen Ende in der U14w müssen wir weiter auf den ersten Deutschen Meistertitel für unseren Verein warten. Bereits in den Jahren 1999 (U14w) und 2004 (U20w) holten unsere Mädchenteams Vizemeisterschaften bei der DVM, ebenfalls 2004 wurde das Solitude-Gymnasium ausschließlich mit Vereinsspielerinnen Zweiter bei der Deutschen Schulschachmeisterschaft. Dazu kommen einige Vizemeistertitel bei Deutschen Einzelmeisterschaft, insbesondere natürlich von Sonja Häcker, aber auch von Larissa Erben und Andrea Mijatovic sowie weitere Topplatzierungen in Einzel- und Mannschaftswettbewerben auf Bundesebene. Nur für ganz vorne hat es noch nie gereicht. Wir werden es weiter versuchen. |